Feuerschwanz über „Das elfte Gebot“ – Von Mittelalter, Met und Minnesang
29.06.2020 | Jannika Hoberg
Im Schatten von Corona ein Album zu releasen ist schwierig und tut weh. Feuerschwanz haben wie alle anderen Releaseshow und die Sommerkonzerte auf Festivals absagen müssen. Damit es aber irgendwie eine Möglichkeit gibt, das Album live zu präsentieren, hat die Band einen Livestream organisiert, der auf Burg Abenberg aufgenommen wurde, wo sie an dem Wochenende auch Teil des Feuertanzfestivals gewesen wären. Mit eingespielten „Videocall“-Gästen wie Nord von Hämatom, Vito von J.B.O, Malte von Versengold oder Mr. Hurley von Mr. Hurley und die Pulveraffen war eine ganze Bandbreite an Gästen der deutschen Metalszene dabei. „Geht ja nichts anderes mehr“, als die Kultur ins Digitale zu verschieben.
Ein gutes Album machen für den Hauptmann ganz einfach „gute Lieder“ aus. Das neue Album von Feuerschwanz hat etwa eineinhalb Jahre in der Entwicklung gebraucht und nochmal ein halbes Jahr Releasezeit, was bei den letzten Alben auch schon ähnlich war. Doch etwas unterscheidet „Das elfte Gebot“ von früheren Alben. Schon am Cover lässt sich eine gewisse Ernsthaftigkeit erkennen. Während bisherige Artworks eher witzig und verspielt, fast kindisch gestaltet waren, thront auf dem Cover des neuen Albums ein epischer Drache, im Vordergrund ein Kreuzritter mit Feuerschwanz-Logo, der gesellschaftliche Normen zerschlägt. „Wir sind ja jetzt mit dem Album bewusst nochmal in Richtung härterer Sound gegangen, in Richtung Metal. Mit dem Alter unserer Band, 15 Jahre, sind wir einfach nochmal andere Wege gegangen, dass der Drache auch mal mächtiger werden darf, der ist jetzt ja mittlerweile erwachsen“, betont der Hauptmann."Den Feuerschwanz-Mix haben wir jetzt damit gefunden“. Der Sound macht die Band aus, und da „gehört nun mal ein großer Drache dazu“.
Zum härteren Sound kommen die tiefgründigeren Messages dazu. „Das wird man wahrnehmen, wenn man die Songs hört. Letztlich wollen wir genauso wahrgenommen werden, wie wir sind, aber das können wir ja eh nicht so ganz beeinflussen“, stellt der Hauptmann fest. Auch die ernsthafteren Songs, die sich auf der Platte mit den feuerschwanztypischen spaßigeren Songs wie „Metfest“ abwechseln, sind oft sehr gesellschaftskritisch. Deutlich wird das zum Beispiel in „Mission Eskalation“, mit der Phrase „Massenverblödung in Gestalt von Tradition“, die laut Hauptmann „auch genau so gemeint ist“. Der Track „Im Bauch des Wals“ sei „ein weiterer Versuch, eine Metalballade in Richtung Umwelt zu machen“. Der Song bezieht sich auf die Verschmutzung der Weltmeere, musste aber für den Anspruch der Band „in einen epischen Text mit harten Metalriffs“ verwandelt werden. Auch das Musikvideo betont die Story des Songs schon allein durch die Locationwahl, das Video wurde an einem Schiffswrack in England gedreht. „Die klassische Feuerschwanz-Lebenseinstellung“ kommt im titelgebenden Track „Das elfte Gebot“ rüber, klassische Lebensmottos wie „Nutze den Tag“ oder „You only live once“ werden da verarbeitet, nur noch vertiefter auf den Tod bezogen. „Der Tod ist Teil unseres Lebens. Auch im Lauf der 15 Jahre Bandgeschichte sind schon Menschen gegangen, die wir vermissen und dieser Text von ‚Das elfte Gebot‘ ist irgendwie zu uns gekommen. Der Song ist ganz schnell entstanden, am Anfang der Songwriting-Phase, wir waren selbst sehr überrascht davon.“
Auf die Frage nach dem persönlichen Lieblingssong vom Album antwortet der Hauptmann: „Als Sänger empfinde ich es als die größte Herausforderung, ‚Das elfte Gebot‘ zu singen, und das ist eine ganz tolle neue Erfahrung. Von der Message und vom Song her finde ich ‚Im Bauch des Wals‘ sehr spannend. Mein Lieblingssong ist ‚Die Schildmaid‘, so von der Idee her, eine blutrünstige Kriegerin, mit der man aber auch feiern kann, zu besingen.“
Der stark nach Zusammenhalt klingende Song „Unter dem Drachenbanner“ ist ein Fan-Song. „Das bezieht sich auf unsere Fans. Das ist so ein bisschen das Feuerschwanz-Lebensgefühl, auch als Außenseiter eine Heimat zu finden.“ Auch, wenn es mittlerweile nicht mehr ganz so sei, dass Feuerschwanz nur Außenseiter als Fans haben, bleibt es trotzdem die Message: „Wenn du dich fühlst, als ob du dich etwas unsicher in der Gesellschaft bewegst, bist du bei Feuerschwanz immer willkommen.“ Das soll der Song auch ausdrücken - „natürlich im Fantasy-Gewand“.
Die Liebe zu Fantasy und zum Mittelalter kommt „direkt from the heart“. Feuerschwanz sind nun mal Fantasy-Nerds „und Tolkien ist unsere Bibel“. Es ist toll, dass Fantasy-Musikern die Chance gegeben wird, eigene Universen zu schaffen „Man sieht das bei Powermetal-Bands wie Gloryhammer, dass das wirklich gut angenommen wird, sich in Universen zu bewegen, und das ist einfach 'ne ganz tolle Sache“, meint der Haptmann Besonders favorisierte Fantasywelten neben Tolkien sind Game Of Thrones, die Witcher-Welt und „viele andere, auch Netflixserien. Es macht einem Mut, die Mixmaschine wild anzuschmeißen, es ist alles erlaubt.“
Auf dem Album sind außerdem sieben Coverversionen, von Rammstein über Powerwolf und Sabaton bis hin zu Ed Sheeran eine recht breite Auswahl an Songs und Genres. „Wir sind sehr unterschiedlich im Stil“, bringt der Hauptmann an. "Die Liste ist sehr lang geworden, nachdem wir die Tore für alle Ideen sehr weit aufgemacht haben“. Daraufhin musste wieder ausgesiebt werden. „Wer was eingebracht hat, wird nicht verraten“, schmunzelt er. Ein Beispiel für einen „weirden Kandidaten“, der wieder aussortiert wurde, war „Der Märchenprinz“ von der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. „Da ist uns aufgefallen, dass die Liste sehr österreichisch geworden wäre."
Auf die Frage nach einem musikalischen Traum der Zukunft antwortet der Hauptmann: „Ja, 'ne Hauptbühne ist langsam mal fällig. Und dann dürfte das Wembley-Stadion mal dran sein“.
Übrigens ist Met wirklich das Lieblingsgetränk der Bandmitglieder – „zumindest im Kostüm“.
Jannika Hoberg
Jannie begeistert von Punk über Metal bis hin zu Hardcore alles, ob aggressive Beats oder auch mal soft - auch außerhalb dieses Genrespektrums. Neben der Leidenschaft für Konzertfotografie ist Jannie mit verschiedenen Instrumenten für diverse Jamsessions zu haben. Zuhause ist dey auf Konzerten und Festivals, ansonsten studiert Jannie nebenbei noch Umweltingenieurwesen in Weimar.