Frauen auf der Bühne reichen noch nicht – im Gespräch mit Fem_Pop
28.11.2019 | Niels Baumgarten
Anna, eine der Gründerinnen und Initiatorin von Fem_Pop, hat mich eingeladen sie noch am Abend der mittlerweile siebten Ausgabe der Konzert-Reihe zu besuchen und mit mir über das Thema Diversity und Frauen in der Musikbranche zu reden. So sitzen wir im Zakk – die in Düsseldorf vielleicht beste Konzertlocation. Am Abend tritt nämlich noch die Singer-Songwriterin Hanna Fearns, gefolgt von dem Duo Romie auf.
„Fem_Pop ist eine Konzertreihe mit female und nicht-binären Acts in Düsseldorf. All genders welcome!“ So positioniert sich das vier-köpfige Team von Fem_Pop auf Social Media. Klare Ansage! Ziele der Reihe sind das Aufbauen von Awareness zum Thema, Kooperationen mit anderen feministischen Organisationen und besonders ein Raum, in dem sich alle Menschen wohlfühlen. Ungefähr einmal im Monat organisiert das Kollektiv aus vier Frauen daher eine Veranstaltung. Dabei muss es sich nicht zwingend um ein Konzert handeln. Ein Abend kann auch aus einem Talk aus Konzerten bestehen, bei dem Fem_Pop nicht nur mit dem Namen hinter dem Projekt steht, sondern auch in den Strukturen präsent ist.
Vor einem Jahr im Zug und ohne große Vorerfahrung im Bereich Booking kam Anna auf die Idee, ein Konzertformat zu organisieren. Hintergrund war, dass sie sich selbst schon seit Jahren feministisch positioniert. In Düsseldorf und der Umgebung wurde das Thema Frauen und Sexismus in der Musikbranche aber noch nicht richtig angegangen. Anna erzählt mir, dass die Leute, die Festivals und Konzerte buchen sowie im Kulturamt sitzen, meistens Männer sind. Daher war es ihr wichtig, Künstlerinnen auf die Bühne zu bringen. „Doch das reicht nicht. Man muss auch hinter die Bühne schauen. Wer macht die Technik, Produktion und Booking? Das sind meistens Männer. Frauen brauchen aber Räume, wo sie untereinander sind, ihre Erfahrungen in der Branche machen können und vor allem nicht Mansplaining ausgesetzt sind. Inhaltlicher Schwerpunkt ist es aber auch aufzuzeigen, dass Frauen ja nicht einfach nur Frauen sind, sondern, dass es auch Transfrauen, non-binary People, Women of Colour gibt. Da ist es uns wichtig, die Vielfalt zu zeigen.“
Für Anna war klar, dass das Thema Sexismus in der Musikbranche ganz aktuell ist. Parallel zu Fem_Pop hat sich dann auch ein Netzwerk Namens musicNRWwomen gegründet. Das gibt es mittlerweile bundesweit mit einer großen Datenbank an Musikerinnen.
Die Resonanz auf Fem_Pop sei übrigens riesig. Neben zwei ausverkauften Konzerten ist das Feedback dabei durchweg positiv. Auch im Internet gab es keine anti-feministischen Kommentare nach dem Motto: „Frauen sind doch schon sichtbar genug in der Branche“. Ganz im Gegenteil: Man hört Kommentare wie: „Traurig, dass es sowas noch geben muss.“
Dass es aber wichtig ist, solche Formate zu haben, zeigen Gespräche mit den Künstlerinnen im Backstage. Dort wird sich über Erfahrungen in der Musikwelt ausgetauscht. „Da merken wir, dass es sowohl strukturelle Probleme gibt, aber auch schon ganz simpel im Umgang – Stichwort 'Mansplaining'. Das Ideal wäre, dass Gleichberechtigung in der Musikwelt irgendwann geschaffen wird. Uns ist natürlich klar, dass wir das mit Fem_Pop nicht schaffen können und das ist auch erstmal nicht unser Ziel. Der erste Schritt ist erstmal geile Konzerte zu machen, bei denen die Künstlerinnen, das Publikum und wir selbst Spaß haben. Darüber hinaus wollen wir etwas Awareness schaffen. Natürlich in der Reichweite, die wir haben. Wir merken auch, dass sich da grade ein Netzwerk zwischen uns Frauen aufbaut. Dort kann man sich absprechen und unterstützen. Das ist super hilfreich, da gefühlt 90% der Booker Männer sind, die sich alle schon kennen und sich gegenseitig bedienen. So gesehen bilden wir da eine Alternative. Ein 'Gegennetzwerk'. Wichtig ist auch, die Konzerte so zugänglich wie möglich für alle zu halten. Das bedeutet, dass wir die Ticketpreise um die 6€ bis 8€ halten. Manchmal sogar kostenlos.“
Auf dem Konzert selbst bekräftigen die Sängerinnen von Romie von der Bühne noch einmal: „Es ist so wichtig, dass es solche Formate wie das Fem_Pop gibt. Noch sind wir nicht ganz da, wo wir gesellschaftlich sein sollten.“
Niels Baumgarten
Aus Köln stammend studiert Niels mittlerweile Kunstgeschichte und Musikwissenschaften in Düsseldorf. Hier ist er auch als Bassist und Gitarrist tätig und übernimmt immer wieder die Aufgabe des Bookers für lokale Konzerte und Festivals. Mit Punk, Prog und Hip-Hop aufgewachsen, hat er das Gefühl, dass die Bands seiner Teenager-Tage monoton und langweilig geworden sind und widmet sich deswegen heutzutage dem Experimentellen und Einzigartigen.