Jahresrückblick Jannie 2021
22.12.2021 | Jannika Hoberg
Song des Jahres
Mein Song des Jahres 2021 ist (nach einem spannenden Kopf an Kopf Rennen mit Danger Dans „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“) die grandiose Kollaboration der vielleicht vielversprechendsten Uncle M-Bands Sperling, Kind Kaputt und Marathonmann: „Es geht“. Melodramatischer, wahnsinnig emotionaler Post Hardcore, der wie kaum was anderes zum Mitschreien einlädt, gezeichnet von den Handschriften aller drei Bands – liegt unter dem lyrisch unfassbar starken Text. Besonderes Highlight ist die Phrase „Ich fühl doch das gleiche, also wie können wir beide allein sein?“, dicht gefolgt von der Kernaussage gegen Ende: „Deine Angst kann nicht stärker sein als du“. Achso und den Wahnsinn von Song „Der letzte Song - Alles wird gut“ von Kummer und Giant Rooks‘ Frontsänger Fred Rabe will ich hier auch nicht unerwähnt lassen.
Verdient im Mainstream
Diese Kategorie möchte ich dieses Jahr einführen, weil mich zwei sehr gehypte Künstler:innen doch etwas umgehauen haben, auch wenn ich lange versucht habe, dem Sog des Mainstreams zu entfliehen (ist wahrscheinlich ein Erbe meiner Alternative-Phase). Zum Einen haben Maneskin mit „Zitti E Buoni“ nicht nur verdient den ESC gewonnen (endlich mal kein Popgedudel!), sie haben mich auch mit ihrer Interpretation von „Beggin‘“ sowie den eigenen Singles ein bisschen von sich überzeugt. Zum Anderen lief „good4u“ von Olivia Rodrigo bei mir gerade im Sommer rauf und runter. Auch wenn man jetzt nach diesen Beispielen sagen muss, dass mich die betreffenden Werke besonders durch ihren leicht alternativen Sound überzeugt haben und mich eher ihre Mainstreamtauglichkeit überrascht hat.
Livemoment des Jahres (oder vielleicht generell)
Nach eineinhalb Jahren vor fehlenden Liveerlebnissen ausgehungert zu sein, ging es für Moritz und mich im September bei einer Inzidenz gegen 0 auf das grandiose Dreck und Glitzer Open Air in Leipzig. Organisiert wird das Eintagesfestival von 100 Kilo Herz, dementsprechend stand der Headliner schon fest, mit Montreal kam eine weitere geniale Liveband hinzu. Und ich glaube, wir haben beide noch nie einen intensiveren Livemoment erlebt, als nach eineinhalb langen Jahren Konzertvermissung in der Menge unter freiem Himmel ohne Abstand und Maske stehend, „Endlich wieder Discozeit“ von Montreal die Parkbühne (und angrenzende Stadtviertel) beschallte.
Album des Jahres
Wir sind hier ja bei Album der Woche, dementsprechend muss natürlich das Album des Jahres bestimmt werden. Und während ich noch vor einigen Wochen davon geredet habe, dass das Musikjahr irgendwie ein bisschen an wirklich starken Alben mangelt, was ja auch irgendwie auf die Pandemie zurückzuführen ist, war die Entscheidung dieses Mal doch tatsächlich wieder erstaunlich hart. Ich habe letztes Jahr schon zwei Alben als unentscheidbare Favoriten in den Ring geworfen (Currents und Bury Tomorrow), das kann ich jetzt wirklich nicht wieder bringen. Trotzdem möchte ich meine Favoriten gerne nennen, da das alles geliebte Alben sind, von denen auch einige als Vinyl bei mir einziehen durften. Das erste Album, das sich in die engere Auswahl katapultiert hat, war „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ von Danger Dan, zu dem Album braucht es wahrscheinlich nicht mehr viele Worte.
Schließlich haben es gleich drei Uncle M-Bands geschafft, mich mit ihren Werken zu überzeugen, direkt im Januar die Jungs von Sperling mit „Zweifel“ und im März folgte dann das wirklich starke Album „I’ll be honest“ von Catapults. Im Oktober erst haben mich Devil May Care mit einem Monstrum von Album („Divine Tragedy“) ein bisschen aus dem Leben geballert.
Und nun zum Finale: Stark beeindruckt und vor allem mit einzelnen Songs dermaßen überzeugt, dass ich beim ersten Hören des Pressemusters mit den Tränen kämpfen musste, haben mich dieses Jahr (genau wie auch schon 2019 mit ihrem selbstbetitelten Album) Holding Absence mit „The Greatest Mistake Of My Life“. Bisschen kitschig-melancholisch, aber einfach alles in allem ein quasi perfektes Melodic-Hardcore-Album – und eine wunderschöne Vinyl, by the way.
Deshalb ist mir die Entscheidung auch bis zuletzt schwer gefallen – aber ich habe mich letzten Endes für „Lost Souls“ von Caskets entschieden. In die Band habe ich mich schon vor diesem Debütalbum verliebt, als es noch ganze fünf einzeln veröffentlichte Songs gab und als sie noch Captives hießen. Umso begeisterter war ich von dieser Platte, Posthardcore/Metalcore vom Feinsten (das, was von den Architects erwartbar gewesen wäre, kurzer Roast an der Stelle!), für den Dave damals nur 7.6 Punkte übrig hatte, ich bin erzürnt!
EP des Jahres
Kind Kaputt, wieder eine Uncle M Band, das zieht sich gerade irgendwie durch, haben mit „Endlich Wieder“ mein eigentliches Jahreshighlight produziert, das ich durch das Format der EP aber nicht in die Albenkategorie aufnehmen konnte. Reinhören!
Quasi-UDR-Band des Jahres
Viel zu unbekannt und eine große Liebe für mich in diesem Jahr waren O Captain! My Captain! – außerdem ist die Genrebezeichnung Folkpunk viel zu cool.
Neuentdeckung des Jahres
Ich habe auch in diesem Jahr wieder wahnsinnig viel neue Musik kennenlernen dürfen und habe auch endlich in Bands reingehört, die schon lange auf meiner To Do Liste standen – ein großes Danke an dieser Stelle geht raus an Moritz, der mich in unzähligen Spotify-Sessions (Tipp an dieser Stelle, man kann Spotify online zusammen mit Freund:innen hören) an Bands und Künstler:innen wie Sondaschule, Nathan Gray, Smile and Burn, Massendefekt, Frank Turner, Thees Uhlmann und Alazka rangeführt hat. Liebste Neuentdeckung dieses Jahr bleibt aber vermutlich Montreal.
Lieblings-ADW-Moment
Ende April haben wir uns zu einem Online-Treffen zusammengefunden, bei dem wir über Grundsätzliches, was ADW betrifft, gesprochen haben und auch Zeit für ganz viel Schabernack hatten (Jakob, wir warten immer noch auf deinen speziellen Kalender!). Besonders war das Treffen aber durch Post von Lucio, neben der obligatorischen Datenschmutz-CD gab es Blumensamen, Schokolade und ganz besonders: Unser erstes Monatscover als Plakatdruck, das jetzt mein Regal ziert. Das Päckchen haben wir alle gleichzeitig vor der Webcam aufgemacht, und das war schon ziemlich süß. Außerdem muss ich das weitere Jahr Plattensprung mit den besten Podcastkollegen Kai und Moritz voller Liebe erwähnen.
Und trotzdem freue ich mich auf den Tag, wenn ich die ganzen Chaoten nach fast zwei Jahren, die ich bei diesem Magazin bin, endlich mal in echt sehe, danke Corona.
(Und Moritz, du zählst nicht als ADW-Moment :D)
Jannika Hoberg
Jannie begeistert von Punk über Metal bis hin zu Hardcore alles, ob aggressive Beats oder auch mal soft - auch außerhalb dieses Genrespektrums. Neben der Leidenschaft für Konzertfotografie ist Jannie mit verschiedenen Instrumenten für diverse Jamsessions zu haben. Zuhause ist dey auf Konzerten und Festivals, ansonsten studiert Jannie nebenbei noch Umweltingenieurwesen in Weimar.