Zebrahead und „I“: Sprint aus dem Stand
01.12.2024 | Marco Kampe
Schafft man es, den sich in aggressiver Weise aufdrängenden Querverweis zu einer auf Kinder zugeschnittenen Fernsehshow („1, 2 oder 3“) auszublenden, dann haben Zebrahead tatsächlich wenig mit jugendfreier Unterhaltung gemein. Ihre Form der Unterhaltung beschränkt sich zumeist auf mit Metal-/Alternative- bzw. Rap-Parts angereicherten US-Punk-Rock, der dem Exzess huldigt, der ein fragwürdiges Frauenbild vermittelt und der, davon abgesehen, eher seichte Unterhaltung bietet. Seichte Unterhaltung mit Live-Qualitäten und Mitsingfaktor, das sei neidlos zugebilligt.
„I Have Mixed Drinks About Feelings“ ist ein Schnellschuss, der das zuvor Beschriebene manifestiert. Ja, das wird auf der in Kürze startenden Doppel-Headliner-Tour mit Itchy sicherlich die Clubs anstacheln. Ja, der Sauerstoffgehalt wird von Song zu Song abnehmen und die Thekenfachkräfte werden intensive Schichten zu verrichten haben. Und gemäß flankierender Presseveröffentlichung ist es auch genau das, was Zebrahead beabsichtigen. Wie bestellt, so geliefert. „Pulling Teeth“ mag zunächst weniger erfreulich anmuten, verbindet aber gekonnt die teils sehr unterschiedlichen Songstrukturen und kehrt nach Nu-Metal-Ausflügen stets in melodischere, doch nicht minder eindrückliche Territorien zurück.
Ein „Na-Na-Na“-Part ist abseits von The Offspring ironiefrei eigentlich kaum zu verdauen, doch „Doomsday on the Radio“ macht auch Vieles richtig und kommt der bewährten Rezeptur aus catchy Sing-A-Longs und bratenden Gitarren mit Bravour nach. „Sink Like A Stone“ bedient am ehesten die Punk-Wurzeln, eingängiges Riffing liegt der Band einfach. Das abrupt aufkommende, dafür umso aufwühlendere Finale bildet „Puppet Stringers“. Gespitzte Ohren fühlen sich an Gevatter Thrash erinnert, die sorgsam eingestreute Schreitherapie hinterlässt ein wohliges Gefühl von Frieden und Ausgeglichenheit.
Mag eine EP ein nur kurzes Vergnügen verkörpern, bietet dieses Format dennoch die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren, die nicht in ein Albumkonzept hineinpassen. Vor diesem Hintergrund ist es ein wenig schade, dass es sich „I“ auf der sicheren Bank gemütlich macht. Von einem Bankdrücker zu sprechen, ist hingegen unangebracht. Dafür wirken Zebrahead auf „I“ zu eingespielt, ihren Zweck erfüllt die vorliegende Veröffentlichung allemal.
Wertung
Beim Hören dieser EP schwingt bei mir noch die kürzlich besuchte und für gut befundene Abschiedstournee von Sum 41 nach. Dieser Eindruck mag sich positiv auf die Punktevergabe ausgewirkt haben.
Marco Kampe
Der vormalige Fokus auf verzerrte E-Gitarren ist bei Marco einem übergeordneten Interesse an der Musikwelt gewichen. Die Wurzeln bleiben bestehen, die Sprossen wachsen in (fast) sämtliche Richtungen. Darüber hinaus bedient er gerne die Herdplatten oder schnürt sich die Laufschuhe.