Fatoni und „Wunderbare Welt“: Die Krönung des Zweiflers
23.05.2023 | Steffen Schindler
Das hat schon „Andorra“ von 2019 zu einem wahnsinnig guten Album gemacht und die dort perfektionierte Formel wird auf „Wunderbare Welt“ nur geringfügig variiert.
Wieder wechseln sich ironische Banger auf Party-Beats („Dumm“, „Links Rechts“) mit Songs über Depressionen und Selbstzweifel („König der Zweifler“, „Pete“) ab. Wieder gibt es ein Stück, auf dem sich Fatoni selbst mit der Gitarre begleitet („Mein junges Ich“), wieder geht es um die Beatles, um Kapitalismuskritik und die Rap-Jugend in den 90er.
Auch an Themen wie der Ausgehkultur in Berlin, wo „Alle ziehen“ und der Konsum von Tabletten und Pülverchen fast schon zum guten Ton gehört, hat sich der gebürtige Münchner schon mal abgearbeitet. Hat sich das Konzept Fatoni langsam totgelaufen?
Selbst wenn dem so wäre, die hintersinnigen Reime, der clevere Einsatz von Adlibs und sein bodenständiges Loser-Image machen immer noch Spaß. Aber „Wunderbare Welt“ bietet auch genug Stücke, die zwar nicht überraschen, aber beim Hören dennoch neue Facetten durchblicken lassen.
Da ist das Tristan Brusch-Feature „Du wartest“, das das Gefühl von Entfremdung in ein eingängiges Pop-Gewand kleidet. Es gibt „Danke, dass du mich verlassen hast“, in dem er zusammen mit Danger Dan von einer toxischen Beziehung erzählt, endlich ohne Wut und Vorwürfe. Und zum Abschluss den Bis-hier-her-Track „Mit dem Taxi in die Therapie“. Alle diese Songs sind von frei von Ironieebenen, sondern einfühlsam und aufrichtig.
Waren diese Momente auf „Andorra“ noch vereinzelt und vielleicht absichtlich eher unauffällig, trägt er diese Aufrichtigkeit und Verletzlichkeit nun sehr viel stärker vor sich her. Und auch das ist ein Talent von Fatoni: Zwischen all den Punchlines lässt er die Hörenden nicht vergessen, dass es okay ist, nicht okay zu sein.
Wertung
Fatoni hat seinen Platz im Rap gefunden. Vom idealistischen Ironiker und romantischen Clown gibt es auf „Wunderbare Welt“ wenig Neues. Doch das Neue, das da ist, zeigt in eine spannende Richtung.
Steffen Schindler
Steffen dankt Nirvana dafür, dass sie die Jugend auf dem Dorf erträglich gemacht haben. Seitdem ist er dem Klang der elektrischen Gitarre verfallen. Mittlerweile studiert er in Berlin Geschichte und Kulturwissenschaft.