Hart, härter, Der Weg Einer Freiheit – „Finisterre“ überzeugt mit Leidenschaft
02.09.2017 | Ole Lange
Der Weg Einer Freiheit klingen vom Namen vielleicht auch wie eine Schrammel-Punk-Band. Es ist aber ganz anders. Mit einer Mischung aus Post-Hardcore und Black Metal haben die Jungs auf „Finisterre“ ein wahres Brett erschaffen. Mit Sage und Schreibe fünf Songs und einem Bonus Track scheint dieses erstmal kein Langspieler zu sein. Die Länge der einzelnen Songs sagt da aber etwas ganz anderes. Der längste Track geht unfassbare 13 Minuten und 49 Sekunden. Nichts ist unter fünf Minuten. Wer jetzt schon glaubt, ihm würde beim Zuhören schnell langweilig werden, der sollte sich überzeugen lassen, dass dem nicht so ist.
Schon alleine die Double-Bass ist bei jedem einzelnen Song brutal und gewalttätig. Man hat praktisch keine Vorbereitungszeit, auch wenn ein kleines Intro beim ersten Lied „Aufbruch“ etwas Ruhe schafft, so kommt sofort der Hammer und macht alles kaputt. Doch eben dieses kaputte Etwas entwickelt sich zu einer Masse, die nicht mehr aufzulösen ist. Immer wieder gibt es Abschwächungen in den Songs. Kurz darauf setzt aber das Instrument, welches sich etwas zurückhält, umso stärker wieder ein. Es baut sich auf und fällt, steigt anschließend aber noch mächtiger empor. Mit der Düsternis kann sich wahrscheinlich nicht jeder anfreunden. Dass es nicht langweilig wird, dafür sorgen Der Weg Einer Freiheit aber!
Hier gibt es definitiv nichts zu finden, was ein Album ausmacht. Einzig „Skepsis, Pt. 1“ und „Skepsis Pt. 2“ greifen ineinander über. Während der erste Part ein rein instrumentales Stück ist, so wird man vom aggressiven Gesang beim zweiten Part nahezu überrannt. Sänger Nikita Kamprad hat derweilen seinen ganz eigenen Screamo-Stil. Sein Gesangsspektrum ist wirklich bemerkenswert. Textlich merkt man die lyrische Substanz sehr. Teilweise erinnert der Text, sofern man ihn teilweise verstehen kann, stark an die poetischen Exzesse von Rammstein. Die Sätze greifen nicht ineinander über, sie formen mehr ein Gedicht. Die Finsternis packt und verschlingt alles, was sie findet. Dass es aber nicht nur obszöne Grundgedanken an Natur und Co. beinhaltet, beweist das Lied „Finisterre“.
„Von dir oh Menschheit […] nehm ich Abschied“, so heißt es am Ende des Stückes. Der Hass, welcher schon alleine in diesem Satz steckt, ist durch die Musik nicht nur untermalt. Die Instrumente gehen mit Gesang praktisch Hand in Hand in den Abgrund. Und das anscheinend sehr schnell. Die Geschwindigkeit ist unbeschreiblich. Pausen sind teilweise für das Zuhören sehr erforderlich, doch muss man dafür nicht einmal Pause drücken. Die Songe nehmen einem zwar stellenweise die Luft zum Atmen, geben dann aber genau passend die Zeit, um sich zu erholen. Dadurch wirken die Lieder oft auch nicht wie ein großes Ganzes.
Wenn man sich das ganze Album zur Brust nimmt, so sind dennoch viele Stellen, die vielleicht anders hätten arrangiert werden können. Durch die oftmals sehr schroffen Gitarrenriffs, eingebaute verstimmte Violinen, die dem ganzen einen mystischen Klang geben, aber auch durch die eben oft vorhandenen Unterschiede innerhalb eines Songs haben Der Weg Einer Freiheit ihren unperfekten Klang genau gefunden. Und eben mit jener verstimmten Violine geht das Album auch zu Ende. „Finisterre“ ist kein Langspieler, den man so schnell wiederfindet. Es ist ein besonderes Werk!
Wertung
Ich habe noch nie so ein Album gehört. Es ist irgendwie kein Album der Woche, dafür ist es für mich bislang das Album des Jahres. Sicherlich sind die Songs nicht so, dass man sie immer wieder pausenlos hören kann. Wenn, dann aber richtig!
Ole Lange
Ole stammt aus der östlichsten Stadt Deutschlands und begeistert das Team mit seinen leichten Dialekt. Er schreibt fleissig Reviews von Hip-Hop bis Metalcore und hat hin und wieder ein Interview mit Bands.