Of Mice & Men mit „Echo“: Warten auf die Spannung
03.12.2021 | Dave Mante
Of Mice & Men sind eine wahre Instanz im Genre des Metalcores. Seit 2010 glänzen sie mit Emo-Hymnen wie „Second & Sebring“ oder dem oft zitierten „You‘re Not Alone“. Nun bringt die Band aus Kalifornien ihr drittes Album in vier Jahren heraus. Na ja, so halb. Es handelt sich nämlich um eine Kompilation aus ihren EPs „Timeless“, „Bloom“ und „Echo“, welche allesamt 2021 erschienen. Einzig ein weiterer Song ist außerhalb dieser EPs neu auf der Scheibe. Falls ihr jetzt schon von den 08/15 bedeutungsschwangeren EP Titeln angeturnt seid, es wird noch besser!
Schnell stellen sich die bekannten A+B=C Muster ein, also Strophe mit harten Vocals trifft auf Refrain mit cleanen Gesängen. Ab und an kommt noch eine Bridge dazu. Dieses Muster ist altbekannt und auch nicht das schlechteste, wenn es um den Nutzen geht, jedoch braucht es Besonderheiten in den Lyrics, der Stimme oder Ähnlichem, um ein Album damit am Laufen zu halten. Und da beginnt die Abwärtsspirale. Generische Screams und Shouts treffen auf gute, emotionale Clean-Parts. Doch Letztere treten vor allem in Refrains oder als Intro auf (wie beim Song „Anchor“) und werden immer wieder durch öde und vorhersehbare Instrumentals oder unmotiviert klingende Screams unterbrochen. Aaron Pauley möchte wütend klingen, allerdings hört es sich eher so an, als würde er nebenbei ein Buch lesen und wäre gar nicht daran interessiert, ein Album aufzunehmen.
Waren die Vocals auf ihrem letzten Album „EARTHANDSKY“ noch absolut punchy und hart, sind sie hier nicht mal mehr halb so gut anzuhören, was vor allem durch die Instrumentals noch mal unterstrichen wird, die man so auch schon zehn Mal vorher (bei Of Mice & Men) gehört hat.
Das Schlimmste daran ist, dass die Band ganz klar reinhauen möchte und dazu teilweise übertrieben harte Riffs einschiebt, welche allerdings komplett unüberlegt daherkommen. Als Beispiel könnte man sich einmal „Bloom“ anhören und zum Mittelteil skippen! Hier finden sich Hardcoreriffs, die jetzt nicht schlecht sind, aber halt komplett verbraucht. Darauf wurden Shouts gelegt, welche leicht durch Rauschen unterdrückt werden. Das hört sich einfach deplatziert an. Oder auch der Breakdown von „Mosaic“, welcher versucht, alle harten Elemente (verzogene Instrumente, Bassanschläge, etc.) in eine halbe Minute zu pressen und trotzdem absolut langweilig bleibt. Darauf folgt mit „Pulling Teeth“ tatsächlich ein Lied, welches okay ist. Schön hart in gutem Wechsel mit den Cleanvocals und auch die Shouts sind okay. Der Of Mice & Men Sound lebt kurz auf, auch wenn der Breakdown unfassbar öde und unnötig ist (Die Vocals sind hier besonders schlimm, dieses gebrüllte 'Pulling Teeth' am Ende hört sich an, als wäre es ohne Bearbeitung auf dem Album gelandet). Mit „Fighting Gravity“, welches ein sehr ruhiges Stück ist, befindet sich sogar ein wirklich guter Song auf dem Album, der allerdings ausschließlich vom Refrain getragen wird.
Auch der letzte Song „Helplessly Hoping“ ist ruhig, allerdings bei Weitem nicht so gut wie „Fighting Gravity“. Es sind zwei verschiedene Vocalspuren zu hören, welche ganz leicht versetzt zueinander sind. Das soll sicher emotional klingen, allerdings hat es jemand sehr mit den Effekten übertrieben und diese versetzten Stimmen stehen sich eher gegenseitig im Weg und fallen sich an einigen Stellen sogar halb ins Wort.
Wertung
Hier und da nette Ansätze, ein akzeptabler und ein guter Song. Das kann man auf nem Demo Tape machen, welches man für nen Fünfer in der Fußgängerzone verkauft, von einer Genregröße ist aber sehr viel mehr zu erwarten. Generische Riffs treffen auf hochlangweilige Shouts. Beides wird in eine zu sehr gewollte Härte gepresst, was an einigen Stellen einfach falsch und deplatziert klingt! Die paar Punkte gibt es für die guten Cleanvocals und die schicken Cover Artworks der EPs. Das war es dann aber auch schon.
Wertung
Der hier bewertende Of Mice & Men-Neuling hört... Metalcore. Altbekanntes Muster, ohne die Musik in Relation zu vorherigen Platten zu setzen auch durchaus anhörenswert. Jedoch fehlt "Echo" das gewisse Etwas, um mich als Neufan und WIederholungstäter gewinnen zu können. Die meisten Songs sind genregerecht. Ich drücke die Band und ihre Kompilation auch nicht entnervt weg, wenn sie mir ungefragt in die Playlist gespült werden sollte. Für die Lieblingssongs reicht das allerdings nicht.
Dave Mante
Aufgewachsen zwischen Rosenstolz und den Beatles hört sich Dave mittlerweile durch die halbe Musikwelt, egal ob brettharter Hardcore, rotziger Deutschpunk, emotionaler Indie oder ungewöhnlicher Hip Hop, irgendwas findet sich immer in seinen Playlisten. Nebenbei studiert er Kunstgeschichte, schlägt sich die Nächte als Barkeeper um die Ohren oder verflucht Lightroom, wenn er das gerade fotografierte Konzert aufarbeitet.