To The Rats And Wolves und “Cheap Love”: Schall, Rauch, Fremdscham
23.02.2019 | Jonas Mönter
„Cheap Love“ wäre gerne eine eierlegende Wollmilchsau. Es gibt darauf Pop-Songs die mit ein paar verzerrten Gitarren auf Metal getrimmt werden oder uninspiriertere Metalcore-Einheitsbrei mit Justin-Bieber-Chorus. Alle Songs auf dieser Platte sind im besten Fall eingängig und belanglos, im schlimmsten Fall nervig. „Famous“ zum Beispiel ist dermaßen platt, prollig und unauthentisch, dass er sich perfekt als Soundtrack für den berühmt berüchtigten Fyre-Festival-Trailer eignet. Wer 5 Minuten Zeit hat sollte das Video aufrufen, den Ton aus- und „Famous“ anmachen. Die Band kennt ihre Zielgruppe und produziert dementsprechend Musik als ein Produkt, macht aber einen auf emotional und deep. Zitat Pressetext: „Ein Album voller großer Stimmungen, echter Gefühle und heftiger Momente“ ist „Cheap Love“ mit Sicherheit nicht. Wenn die Lyrics wirklich das Innenleben der Band wiederspiegeln, haben wir hier einen Haufen Niceguys, die ihre Unsicherheit hinter einer aufgesetzten Proll-Attitüde verstecken.
Die Mischung aus Pop, Elektro und Metalcore ist 2019 auch nicht mehr neu, vor allem, wenn sie so formelhaft stattfindet wie hier. Bring Me The Horizon haben diesen Spagat auf ihren letzten Alben gemeistert, es ist also möglich, zeitgemäßen Metalcore zu machen. Aber so lange der Rubel rollt und man zusammen mit Eskimo Callboy ausverkaufte Touren spielt, besteht dazu natürlich kein Grund. Dafür müsste man sich ja Mühe geben.
Großartig erwähnenswerte Songs gibt es auf der Platte nicht, dafür ist sich alles zu ähnlich. „Never Stop“ zum Beispiel klingt zwischendurch wirklich wütend, bis dann wieder die eklig-klebrige David-Guetta-Hook um die Ecke kommt und man ganz schnell die Skip-Taste drückt. Allerdings klingt das folgende „Friendz“ (c00l3 ScHr3iBwEI$e, brudiZ) genauso schlimm. Der letzte Song „Cure“ wirkt bereits in den ersten 30 Sekunden derart klischeehaft, dass es schon fast weh tut. Mehr gibt es über die Platte auch nicht zu sagen, aber Leute, die Plastik-Trancecore mögen, muss es anscheinend einige geben. Die bekommen hier die volle Dröhnung musikalische Belanglosigkeit.
Wertung
Beim Korrekturlesen ist mir klar geworden: Ich war zu gnädig. Das Album ist eine Frechheit. Langweilige Songs, ekelhafter Klischee-Pop-Sound, zahnlose Produktion. Das ist Douchebag-Metal ohne Sinn, ohne Witz oder Ironie und ohne Anspruch. Aber immerhin wird man damit bei Nuclear Blast gesigned. Ich raff‘s nicht.
Wertung
Während ich das Vorgängeralbum noch mit gefühlt 100 weiteren Gästen im Stuttgarter 1210 (R.I.P.) gefeiert habe, wird man sich die künftigen Shows wohl mit einem Vielfachen an Zuschauern teilen müssen. Woran das liegt? Am rapiden Abbau von Metalcore-Elementen zugunsten von butterweichen, streckenweise uninspririerten Synthies, deren Rezeptur stets durchschaubar ist und die sich raschen Abnutzungserscheinungen nur schwerlich entziehen können. Leider nur ein kurzes Vergnügen.
Jonas Mönter
Jonas lebt in Münster und studiert Englisch und Musikpädagogik. Musikalisch mag er alles mit elektrischen Gitarren, hauptsächlich läuft oldschooliger Metal und Hard Rock. Geld hat er nie, weil er das meiste seines Ersparten für Schallplatten und Bandshirts ausgibt.