Within Temptation und „Resist“: Nach Hause telefonieren?
01.02.2019 | Miriam Rhein
Wenn die Musik es nicht hergibt, müssen es eben wirre Effekte richten. Within Temptation, die niederländischen Symphonic-Metaller, sind bei ihrer Vision „Inspirationen aus unserer modernen, futuristischen Gesellschaft“ (Quelle: Pressetext Universal) zu beziehen, musikalisch offenbar an ihre Grenzen gestoßen. Statt dieses Unterfangen deswegen aufzugeben, kramt man in der Effekte-Kiste bei „low-budget space sounds“, wurde fündig, zog noch zwei Namen aus der namhafte-Sänger-mit-denen-man-sich-schmücken-kann-Lotterie und formte daraus „Resist“.
Schon bei den ersten Tönen des neuen Albums wird klar, dass sich die Niederländer von der Option, doch wieder einen großen Chart-Hit landen zu können, wohl nie ganz verabschiedet haben. Der Opener „Reckoning“ strotzt vor vorhersehbaren, cheesy Pop-Elementen vor allem in Refrain und Bridge. Lotterie-Gewinn Jacoby Shaddix, Sänger von Papa Roach, verkommt zu einem kaum wahrnehmbaren Backing Vocalist und trägt zu diesem Song außer seinem Namen keinerlei Mehrwert bei. Name Dropping hilft nicht gegen langweilige Songs, das sollte sich langsam rumgesprochen haben.
Anders hingegen läuft es bei „Raise Your Banner“, wo In-Flames-Sänger Anders Fridén tatsächlich etwas merklich beiträgt, sodass der Song ein Licht am Ende des Weltraumtunnels suggeriert. Hier werden neben den Fridén-typischen Screams auch atmosphärisch düstere Gitarren-Riffs gedroppt, die eine ineinandergreifende Symbiose aus Weltall-Atmosphäre und Symphonic-Metal formen. „Holy Ground“ knüpft da an, bleibt aufgrund seines stringenten, ruhigeren und kantenlosen Gesamtkonzept leichter zugänglich für die breite Masse – eine perfekte Singleauskopplung.
Das sollen jedoch die wenigen Ausnahmen bleiben. „Resist“ legt seinen Standard eher auf das Niveau von 80er-Synthie-Sounds, die dem Knight-Rider-Alleskönner-Auto K.I.T.T. nur wenig Konkurrenz machen. Futuristisch ist heute an den 80ern eben wenig. Daher macht sich bereits beim zweiten Song „Endless War“ ein fader Beigeschmack breit, als blechernes Hintergrundgebrabbel statt einem musikalischen Aufbau des Settings ertönt. Hier hätten Instrumente, Stimme und Aufbau für das Gefühl der unendlichen Weite sorgen können. Auch „Supernova“ und „Mercy“ schaffen es weder mit 80er-Piepen noch mit Hall auf der Stimme, dass diese Elemente in Einklang mit der musikalischen Leistung gebracht werden. Dabei hat das Album – lässt man die fehlplatzierten Stilmittel außer Acht – rein instrumental und mit der stimmlichen Leistung von Sängerin Sharon den Adel das Potenzial auf ein nettes Durchschnittsalbum.
Wer sich allerdings bei Albumankündigung, Promotext, Pressebandfoto und Soundelementen so groß „futuristisch“ auf die Album-Fahne schreibt, sollte sich nicht an stupiden Mitteln vergreifen, die das Gesamtergebnis derart trüben. Das ist so, als würde man seinen eigenen Witz erklären – das war noch nie eine gute Idee. Nicht für Witze und auch nicht fürs Songwriting. Dazwischen verbergen sich „In Vain“ und „Mad World“, die das altbekannte Within-Temptation-Feeling hochhalten: getragene, symphonische und ausladende Songs, die leicht ins Ohr gehen und viele Fans über Jahre bei der Stange gehalten haben. Ob ihnen allerdings dieser Ausflug ins All gefallen hat, bleibt zu bezweifeln.
Wertung
Für ein persönliches Fazit fehlen mir die Worte. Vielleicht hätte die Band mal besser E.T. angerufen, statt unnötig Geld für Shaddix auszugeben.
Miriam Rhein
Miriam studiert Germanistik & Informationswissenschaft, lebt in NRW und ist ein Internetkind durch und durch. Deswegen bloggt sie auch noch auf www.zweidrittelkrach.de.
Mit den Wurzeln im Punk Rock und der Faszination im Heavy Metal hört sie alles, was leise nicht zu ertragen ist und laut nie wieder aus dem Kopf geht.