Hurricane 2025: Adler an Horst, das Line-Up ist gelandet
03.04.2025 | Kai Weingärtner

In den letzten Jahren hat sich bei mir persönlich eine gewisse Ermüdung im Angesicht der großen (im weitesten Sinne) Rock-Festivals der Republik breit gemacht. Jahr für Jahr, so war mein Gefühl, rotieren hier die gleichen paar-und-fünfzig Acts fröhlich durch, ohne viel Raum für Neues oder irgendwie Anderes. Als ich dann aber begann, meine imaginäre Liste von Künstler:innen, die ich gern live sehen möchte, mit dem bereits angekündigten Line-Up des Hurricane 2025 abzugleichen, wurden meine Augen dann doch recht schnell groß und es begann mir in den Füßen zu jucken. Voller Vorfreude habe ich deshalb diesen Scouting Report für die bisher knapp 75 angekündigten Acts zusammengesammelt. Vielleicht wecke ich damit ja in euch eine ähnliche Vorfreude auf den Besuch am Scheeßeler Eichenring in diesem Sommer.
Das Hurricane findet in diesem Jahr zum 27ten Mal auf der ehemaligen Motorradrennbahn in Niedersachsen statt. Vom 20. bis zum 22. Juni versetzen die Besucher:innen des Festivals das verschlafene norddeutsche Städtchen in Aufruhr. Und die drei Tage sind in diesem Jahr besonders prall gefüllt mit exquisiten Krachbeiträgen aus aller Welt. Hier kommen meine ganz persönlichen Highlights, Must-Sees und Geheimtipps!
Freitag
Wer mit mir schonmal länger als 15 Minuten über Musik gesprochen hat, wird hiervon nicht überrascht sein: Auf den Eröffnungstag freue ich mich am meisten. Liegt es möglicherweise daran, dass die (according to me) beste Band diesseits der Milchstraße, Biffy Clyro, sich am 20. Juni die Ehre geben wird? Ja, absolut. Dass die drei diesen Sommer wieder deutsche Festivals spielen, wäre allein schon Grund zur Vorfreude, verstärkend kommt aber noch hinzu, dass die Schotten (stand jetzt) noch kein neues Material zu promoten haben. Kombiniert mit den Fotos, die die Band vor kurzem in der winterlichen deutschen Hauptstadt zeigten, feuert das die Gerüchteküche nach neuer Musik an. Kommt da ein Berlin-Album? Biffy goes Bowie?! I can’t wait to find out! Aber eine Band allein – auch wenn sie Biffy Clyro heißt – macht noch keinen Festival-Tag. Neben der Möglichkeit, mit Bands wie Rise Against, Lagwagon und Hot Water Music ein paar Alt-Punk-Ikonen von der Watchlist zu streichen, freue ich mich vor allem auf Indie-Darling Girl In Red. Auch wenn mich das aktuelle Album der Norwegerin nicht ganz so sehr überzeugen konnte wie noch das Debüt, ist es doch cool zu sehen, nicht immer dieselben 20 weißen Hetero-Dudes auf den großen Bühnen rumspringen zu sehen. Apropos weiße Hetero-Dudes, drei davon bilden auch die Formation Kneecap. Warum man die spätestens seit dem Erscheinen des gleichnamigen Films auf dem Schirm haben sollte, habe ich in diesem Artikel bereits ausführlich erläutert.
Samstag
Auch wenn am zweiten Tag die ganz großen persönlichen Lieblinge ausbleiben, kann der traditionell vollste Tag eines jeden Festivals auch in diesem Fall durch schiere Menge punkten. Da wären zum einen The Prodigy, deren letzter Auftritt beim Hurricane im Jahre 2018 einen der letzten von Frontmann Keith Flint markierte, und die in diesem Jahr den Eichenring wieder beehren. Absolute Anwesenheitspflicht gilt auch beim Auftritt der Deftones. Nu-Metal scheint im Gitarrenmainstream in 2025 wieder cool zu sein, aber Chino Moreno und Co. hatten eine solche Rehabilitation nie nötig. Ob die Band auch 24 Jahre nach “White Pony” noch überzeugen kann, werden sie beim Hurricane unter Beweis stellen. Wer keine Lust auf altgediente Veteran:innen hat, kann sich am Samstag durch ein reich gedecktes Newcomer:innen-Buffet snacken. Wet Leg werden ihr für Juni angekündigtes zweites Album im Gepäck haben, und mit Künstler:innen wie Bad Nerves, Nova Twins, Souly oder Bibiza ergibt sich hier ein doch sehr abwechslungsreiches Programm. Als wäre das nicht genug, kehrt auch eine absolute Szene-Legende auf das Hurricane zurück. Nach einer mehrjährigen Bandpause kommen Irie Révoltés in diesem Jahr zurück auf die Bildfläche. Und das zu einem Zeitpunkt, der passender nicht sein könnte.
Sonntag
Nachdem man dann Samstagabend schon völlig reizüberflutet ins Zelt kriecht, wartet ja auch noch ein dritter Tag. Und der ist nicht weniger gespickt mit musikalischen Highlights als die beiden zuvor. Keine Zeit also zum Pause machen, es gibt Konzerte, die gesehen werden wollen! Ganz oben auf meiner persönlichen Liste stehen an diesem Tag Zeal & Ardor, die mit ihrem selbstbetitelten Album vor ein paar Jahren meine erste und bis dato einzige 10/10 Punktewertung absahnten. Was als Solo-Projekt von Manuel Gagneux begann, ist mittlerweile zu einer eingeschworenen Band zusammengewachsen. Große Stücke halte ich auch auf Amyl And The Sniffers, die ihre rotzige Aussie-Punk-Attitüde in diesem Jahr nach Norddeutschland bringen. Immer einen Blick wert sind auch Szene- und Magazin-Lieblinge Blackout Problems, die ihren Status als eine der besten Livebands des Landes mit jedem weiteren Auftritt zementieren. Ein neues Album im Gepäck hat auch Lucy Dacus, bekannt als ein Drittel von boygenius. Die neue Platte “Forever Is A Feeling” mischt atmosphärischen Indie-Poprock mit Lyrics, die absolut kein Blatt vor den Mund nehmen. Füllt man dieses Programm auf mit Auftritten von Shoegaze-Ikonen Slowdive, dem energetischen Discorock von Royal Republic, und dem stoischen Riff-Gehämmer von Kadavar, klingt das nach einem Rezept für einen ziemlich guten Festival Tag.
Die Tickets und alle Infos zu Hurricane 2025 sowie den verschiedenen Camping-Möglichkeiten erhaltet ihr auf der Homepage des Festivals. Dort wird auch zu gegebener Zeit der Timetable veröffentlicht.

Kai Weingärtner
Kai studiert zur Zeit mehr oder weniger erfolgreich Politikwissenschaft und Anglistik in Osnabrück. Da man damit natürlich keinerlei Aussichten auf einen “vernünftigen” Job hat, ist er nun bei Album der Woche angeheuert um sich seine Zukunft als Taxifahrer etwas aufzulockern. Sein Musikgeschmack umfasst alles, was E-Gitarre und Schlagzeug hat oder anderweitig Krach macht.