Reeperbahn Festival 2019: Diese 10 Acts solltest du auf keinen Fall verpassen!
21.08.2019 | Jakob Uhlig
Wenn es für die Musikszene in Deutschland und darüber hinaus ein zentrales Sammelbecken gibt, dann ist es definitiv das Reeperbahn Festival auf der berühmten Hamburger Partymeile. Neben hunderten von Konzerten finden sich stets sämtliche Branchengrößen ein, um die musikalische Zukunft bereits jetzt kennenzulernen. Auch wir sind dieses Jahr wieder vor Ort und haben euch zehn Bands rausgesucht, auf die ihr ein Auge haben solltet.
Algiers sind Teil einer kleinen Mini-Welle an Rockmusik, in der der Soul wieder Einzug in den Rock findet. Im Unterschied zu Zeal & Ardor schlägt diese Band dabei aber nicht in die Kerbe des Black Metal, sondern bluest durch noch psychedelischere Noise-Versatzstücke. Eine abgefahrene Mixtur, deren Erkundung sich lohnt.
Artificial Pleasure bringen es auf unbeschreibliche Weise fertig, gleichzeitig gnadenlos retrospektiv und im selben Moment spacig-futuristisch zu klingen. Die scheppernden Phil-Collins-Drums klingen quasi wie direkt aus den 80ern übernommen, der metallene Gesamtklang lässt das Soundprodukt aber wie ein wilder Fiebertraum klingen. Zappeliger Weirdo-Sound für Experimentierfreudige.
Die Soundästhetik von Brutus‘ Instrumentals entfacht ein monumentales Blackgaze-Epizentrum, in dem sich Sängerin Stefanie Mannaerts mit meisterhaften vokalen Achterbahnfahrten in himmlische Sphären stößt. Wer am Black Metal das Epochale schätzt, aber mit heiseren Schreien nichts anfangen kann, könnte hier seine Band gefunden haben.
Wenn unsere Lieblings-Punkrockschmiede Uncle M sich plötzlich einem Hip-Hop-Künstler widmet, dann muss irgendetwas dahinter stecken. Das Ding ausm Sumpf heißt mit bürgerlichem Namen Franz Brenninger und macht Rap abseits von Autotune-Trap, der sich vielmehr oldschooligen Jazz-Samples und ehrlicher Erzählung widmet.
Die Kerzen klingen so, als würde man das Radio auf einem brutalen Acid-Trip einschalten. Liebliche Synthie-Klänge verstecken sich hinter scharfem Reverb und rauschhafter Ästhetik, die dem ganzen eine artifizielle Note verleiht. Musik, die einen verstrahlt macht, ohne dass man dafür Substanzen benötigt.
Die wütenden Post-Hardcore-Brocken von Havarii. sind gleichsam übergroß dimensioniert wie schroff und roh. Teilweise türmt das Trio seine Instrumentals derartig groß auf, dass sie an die Ästhetik eines Black-Metal-Songs erinnern – der raue Gesang holt einen aber schnell wieder auf den Boden der Verzweiflung zurück.
Press Club sind gerade unser aktuelles Album der Woche, aber nicht nur deswegen eine Empfehlung wert. Der freche Garage-Punk des Quartetts erinnert vielleicht nicht ganz zufällig an Clowns – immerhin kommen beide Bands aus dem fernen Australien. Der Sound von Press Club klingt vor allem deswegen toll, weil er so herzlich wenig Lust hat, sich an Regeln zu halten. Das ist in Kunst immer Gold wert.
Die russische Musikszene ist in Deutschland kaum ein Thema – dabei hätten Shortparis es durchaus verdient, auch hier so viel Aufmerksamkeit wie in ihrem Heimatland zu bekommen. Die Band macht die Art von Clubmusik, für die man nicht erst zwölf Flaschen Bier getrunken haben muss, um sie halbwegs annehmbar zu finden. Stattdessen gibt sich der Sound des Quintetts betont unterkühlt und wirkt dadurch gleichsam stil- wie kraftvoll. Sobald die Ekstase in diesem Geflecht ertönt, wird es euphorisch.
„Alternative Rock“ ist in den letzten Jahren fast zum Schimpfwort für einfallslose 08/15-Bands geworden – da ist es angenehm, dass sich The Intersphere in diesem Spektrum sichtlich wohl fühlen und eben keine Stangenware produzieren. Das liegt nicht nur an der beeindruckenden Spielfertigkeit des Quartetts, sondern vor allem an seinem geschickten Songwriting, mit dem man die Band auch durchaus in einen Prog-Topf werfen kann.
Sagen wir mal so: Wer gerne die wilden Noise-Geschwader von Pabst, aber eben auch luftigen Songwriter-Pop hört, der könnte bei The Screenshots genau richtig sein. Garage trifft auf Sanftmut, Tanzwut auf unbarmherziges Getöse. The Screenshots sind ein Wechselbad der Gefühle, das einen letztendlich aber immer vergnügt an die Hand nimmt.
Jakob Uhlig
Jakob kommt aus dem hohen Norden und studiert zur Zeit historische Musikwissenschaft. Bei Album der Woche ist er, neben seiner Tätigkeit als Schreiberling, auch für die Qualitätskontrolle zuständig. Musikalisch liebt er alles von Wiener Klassik bis Deathcore, seine musikalische Heimat wird aber immer die Rockmusik in all ihren Facetten bleiben.