Spanish Love Songs und "No Joy": Emotional Dilemma
25.08.2023 | Dave Mante
Spanish Love Songs bringen mit „No Joy“ ihr nunmehr viertes Album auf den Markt und treiben ihren melancholisch treibenden Punkrock damit erneut weiter. Es bleibt jedoch fragwürdig, ob sie an den Megaerfolg ihres Vorgängers „Brave Faces Everyone“ anknüpfen können.
„No Joy“ beginnt wieder genauso, wie man es sich bei Spanish Love Songs vorstellt. Die Stimme von Dylan Slocum ist eindringlich und wird vorangestellt, ein ohrwurmlastiges Instrumental folgt und alles schließt sich wieder zu diesem West-Emo-Punk Sound zusammen, welcher zu jeglicher Lebenskrise passt. Im ganzen fällt, wenn man das Album zum ersten Mal hört, auf, dass die Band im Tempo in großen Teilen einen Gang zurückschaltet. „Brave Faces Everyone“ war an vielen Stellen sehr rau, schnell und wild, „No Joy“ hingegen besinnt sich in vielen Teilen auf die Melancholie und wird eher lauter als schneller. Natürlich gibt es auch schnelle Songs wie „Marvel“ oder den Closer „ReEmerging Signs of the Apocalypse“, welcher zwar eher eine Mischung ist, aber mehr treibend und schnell als der Rest des Albums. Generell ist die Scheibe aber eher langsam und auf die Vocals besinnt, was vor allem in Songs wie „Exit Bags“ sehr gut rüberkommt, welches eine großartige Ballade ist, die keine Anstalten macht auszubrechen und das auch gar nicht möchte. Hier driftet das Quintett komplett in den Emo ab und macht das in diesem Moment auch goldrichtig.
„No Joy“ mag viele Erwartungen erst einmal dämpfen und ist gewöhnungsbedürftig, nachdem „Schmaltz“ und „Brave Faces Everyone“ so raue und dynamische Emopunk-Scheiben waren. Sobald man diese Hürde jedoch nimmt, fängt das neue Werk der US-Amerikaner*innen jedoch an zu wirken und lässt auch nicht mehr los, denn bei Songs wie „Clean-Up Crew“, welche den Charakter der Band ganz hervorragend auf ein neues Level bringen und trotzdem den alten Sound beibehalten, kann man sich sehr gut mit diesem Album umgeben und wird schnell von der vorangestellten Emotionalität gepackt und mitgerissen. Es ist nur absolut kein Instant Classic, wie die Vorgänger es waren, aber warum sollte man auch immer ein Everybodys Darling sein?
Wertung
Ich habe mich mit „No Joy“ anfangs etwas schwergetan, es ist bei Weitem nicht so zugänglich wie „Brave Faces Everyone“ und auch nicht so interessant und gut wie der Vorgänger. Trotzdem schaffen es Spanish Love Songs wieder mich mit ihrem sehr eigenen Sound so einzufangen, dass ich mehrfach an dem Album hänge und wieder kleine Feinheiten entdecke, die wahnsinnig viel geben und Spaß machen. Immer noch sind Spanish Love Songs eine der Bands im emotionalen Punk-Rock und schaffen es auch auf „No Joy“ in der Breite zu überzeugen
Dave Mante
Aufgewachsen zwischen Rosenstolz und den Beatles hört sich Dave mittlerweile durch die halbe Musikwelt, egal ob brettharter Hardcore, rotziger Deutschpunk, emotionaler Indie oder ungewöhnlicher Hip Hop, irgendwas findet sich immer in seinen Playlisten. Nebenbei studiert er Kunstgeschichte, schlägt sich die Nächte als Barkeeper um die Ohren oder verflucht Lightroom, wenn er das gerade fotografierte Konzert aufarbeitet.